ASUE-Expertenkreis Gasturbinentechnik 2024: Tagungsband
"Gasturbinen sind KEIN Auslaufmodell." Dieser kurze Satz fasst die gemeinsame Abschlussmeinung der fast 20 Gasturbinen-Experten zusammen. Am 10. und 11. Juni 2024 traf sich der ASUE-Expertenkreis Gasturbinentechnik in Karlsruhe und diskutierte die Zukunftsoptionen dieser hocheffizienten Kraftanlagen.
Ob Kraftwerksstrategie oder die Bereitstellung von Prozessdampf: An Themen mangelte es für die diesjährige Sitzung des ASUE-Expertenkreises Gasturbinentechnik nicht. Auch die langfristige Verfügbarkeit neuer Gase, wie Wasserstoff und Biomethan, sowie die nötigen technischen Anpassungen zu deren sicheren Verwendung wurden von den Vertretern aus Wissenschaft, Gasturbinenbetrieb und Serviceunternehmen erschöpfend diskutiert.
Ein Besuch der Palm Papierfabrik in Wörth am Rhein bildete den Beginn des diesjährigen Treffens. Nach einer Einführung in die Geschichte des seit 1872 zu 100 % nur Recyclingpapier für die Herstellung von Grundmaterialien für Wellpappe (das ist die Pappe, aus denen Pappkartons bestehen) nutzenden Unternehmens wurde die Gruppe durch die beeindruckende Anlage geführt. Aber nicht nur die Dimensionen der sich rasant drehenden, mit Dampf beheizten Walzen ließ uns erstaunen: Das Werk arbeitet beinahe abfallfrei und das aus dem Prozess anfallenden, stärkehaltige Abwasser wird in einer eigenen Kläranlage zu Klärgas umgewandelt. Anschließend folgt eine Aufbereitung und die Einspeisung des Biomethans in ein örtliches Gasnetz. Den Schlusspunkt des Rundgangs bildete die Gasturbine Siemens SGT 800, die für die Erzeugung von Prozessdampf eingesetzt wird, wenn der Strompreis stimmt.
OH-Chemolumineszenz, Flammgeschwindigkeit, Horizontaleindüsung
Viele Fachbegriffe garnierten die Aussagen aus der Erforschung des Brennverhaltens von Wasserstoff. Denn die Art, wie Wasserstoff verbrennt unterscheidet sich in einigen wichtigen Details von jener von Methan und anderen Kohlenwasserstoffen. Und so wird der zeitliche und örtliche Verlauf der Wasserstoffverbrennung über die optische Erfassung der OH-Chemolumineszenz entschlüsselt. Dabei wird deutlich, dass der Zündbereich im Vergleich zu Methan deutlich an die Ausgangsöffnung eines Brenners heranrückt, was auf die erhöhte Flammgeschwindigkeit rückführbar ist. Gleichzeitig wurde festgestellte, dass seitlich, über eine Horizontalbohrung eingedüst Wasserstoff zu einer Verdrillung und damit zu einer Stabilisierung der Flamme führt. Die Details dazu befinden sich im Tagungsband in den Beiträgen von Dr.-Ing. Peter Kutne (DLR) Dr.-Ing. Stefan Barth (EBI am KIT).
CO2-Kosten, Gasmarkt und die Wasserstoff-Verfügbarkeit
Mit Rainer Sternkopf von der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHST) des Umweltbundesamts (UBA) teilte uns ein gerngesehener Gast die Entwicklung des CO2-Preises mit und ordnete die Ergebnisse in den gesamten Zusammenhang aus Energieverbrauch, Emission und zukünftiger Entwicklung ein. Zum Abschluss seiner Ausführungen erneuerte er den Vorschlag des UBA, den steigenden CO2-Preis und dessen Auswirkungen auf besonders vulnerable Bevölkerungsgruppen über eine Klimaprämie zu beschränken.
Mit seinem Marktüberblick und die aktuelle Performance des Gasmarkts zeigte der (Noch-)Vorsitzende des ASUE-Expertenkreises Gasturbinentechnik, Dietmar Jelinek von der Bayerngas Energy, dass der Füllstand der Gasspeicher für den bevorstehenden Winter hervorragend sei und mit keinerlei Mangellage gerechnet werden müsse. Hierzu trage neben einem reduzierten Verbrauch in der Privatbevölkerung auch die Außerbetriebnahme von Industrieanlagen sowie die stabile LNG-Versorgung über die neuen LNG-Terminals an Nord- und Ostsee bei.
Einig waren sich die Teilnehmer neben der grundsätzlichen Machbarkeit des Wasserstoffeinsatzes in Gasturbinen darin, dass die unsichere Verfügbarkeit von Wasserstoff das derzeit größte Hemmnis bei der weiteren Entwicklung und dem anschließenden Hochlauf der Wasserstoff-Anwendungstechnik darstellt. Denn gerade größeres Equipment benötigen nicht gerade wenig Wasserstoff, um auch nun ein paar wenige Teststunden zu leisten. Hier gilt es für die Zukunft, ausreichende Wasserstoff-Mengen zu liefern.
Ein Abschied und ein neuer Vorsitzender
Seit Anfang der 1990er Jahre bereits Teil des Teams und seit 2009 im Vorsitz des ASUE-Expertenkreises Gasturbinentechnik durften wir Dietmar Jelinek in Karlsruhe in den wohlverdienten Ruhestand verabschieden. Für die ASUE war Dietmar ein wertvolles Mitglied mit einem ausgezeichneten Sachverstand für Gasversorgung und Gasanwendung, besonders in produzierenden Unternehmen, und ermöglichte mit seiner ruhigen und besonnenen Art auch dann Diskussionen, wenn die Meinungen gefühlte Lichtjahre auseinanderlagen. Danke, Dietmar!
Wir freuen uns aber, mit Dr. Peter Kutne vom DLR einen nahtlosen Übergang beim Vorsitz gefunden zu haben. Dr. Kutne leitet die Abteilung Gasturbinen innerhalb des DLR-Instituts für Verbrennungstechnik und hat in seiner Arbeit Mikrogasturbinen aller weltweit in diesem Sektor tätigen Unternehmen auf seinen Testständen gehabt. Wir freuen uns auf die neuen Impulse!
Tagungsband zum Download
Nebenan können Sie den Tagungsband zum Treffen des ASUE-Expertenkreises Gasturbinentechnik mit allen gezeigten Präsentationen und Kontaktdaten der Referenten kostenlos herunterladen (pdf-Datei, 129 Seiten, ca. 16 MB).
Melden Sie sich gerne unter ause@dvgw.de, wenn Sie sich für eine Teilnahm an diesem Expertenkreis interessieren.
Thomas Wencker
Telefon: 0 30 / 22 19 13 49-0
E-Mail: thomas.wencker@asue.de
Stand: Juni 2024