11. Januar 2022

VDI zu Verbrennungsmotoren: Mit Wasserstoff klimaneutral und effektiv

Die neue Bundesregierung hat den Abschied vom Verbrennungsmotor im Koalitionsvertrag angekündigt. Ob es den Verhandelnden bewusst war, dass die systemrelevanten, dezentralen KWK-Anlagen damit angetrieben werden? Oder war nicht bekannt, dass die für einen klimaneutralen Betrieb mit Wasserstoff nötigen Umbauten unproblematisch sind?

Verbrennungsmotoren sind nicht fossil: Der Kraftstoff entscheidet

Verbrennungsmotoren haben eine lange Entwicklungsgeschichte hinter sich. In mehr als 150 Jahren wurden Wirkungsgrade, Materialaufwand und Produktionskosten immer weiter optimiert. Heute gibt es viele zweckadaptierte Motorenkonzepte vom kompakten, schnell-laufenden Viertakter in der Motorsense über flexible Gasmotoren in der Energieerzeugung bis hin zum riesigen, mit weniger als 100 U/min drehenden Zweittakt-Schiffsdiesel. Als Treibstoffe kommen hauptsächlich Benzin, Diesel, Erdgas und andere Kohlenwasserstoffe zum Einsatz. Kurzum: Alles fossile Rohstoffe, die unterirdisch gespeicherten Kohlenstoff als CO2 in die Atmosphäre entlassen und den Klimawandel mitverursachen.

Nun sind Verbrennungsmotoren aber flexibel. Was interessiert es Kolben, Ventile und Kurbelwelle, welcher Treibstoff gerade genutzt wird? Richtig: Überhaupt nicht.

Und so wird dem Benzin in der EU Bioethanol, also durch Vergärung von Stärke aus z. B. Kartoffeln, Mais oder Getreide gewonnener Alkohol, beigemischt. Für Selbstzünder geeigneter Diesel-Kraftstoff wird dagegen mit einem aus pflanzlichen Ölen wie Raps gewonnenem und u. a. durch Veresterung bearbeiteten Biodiesel vermischt. Gasmotoren in PKW und BHKW können anstelle von Erdgas ohne jede Anpassung auch Biomethan, also aufkonzentriertes Biogas aus der Vergärung von pflanzlichen Reststoffen nutzen.

Je nach Motoranpassung an die grünen Ersatzbrennstoffe kann deren Anteil bis zu 100 % betragen und einen mutmaßlich fossilen Motor komplett ergrünen lassen. Zukünftig sind diese biomassebasierten Kraftstoffe allerdings nicht uneingeschränkt ausbaufähig, denn das pflanzliche Wachstum auf der Erde ist durch Fläche und Klima limitiert. Neben der immerwährenden Nutzung von biologischen Abfällen gibt es aber weitere Energieträger, die problemlos in Verbrennungsmotoren eingesetzt werden können.

Wasserstoff im Verbrennungsmotor

Der vieldiskutierte Energieträger Wasserstoff soll der neuen Bundesregierung zufolge vor allem die Industrie und die Mobilität defossilisieren. Vor allem in der Industrie aber auch in der dezentralen Energieversorgung sind stationäre Motoren verbaut, die in einem ersten Schritt immer mechanische Antriebsenergie bereitstellen. Ob Generatoren zur Stromerzeugung oder industrielle Anlagen und Maschinen angetrieben werden, ist dabei unerheblich. Die verwendeten Motoren passen von Ihrer Größe her auch auf Schiffe und in LKW des Fern- und Schwerlastverkehrs. Mit leichten Anpassungen können diese Motoren auf Wasserstoff umgerüstet werden. Wie passt das mit den Aussagen des Koalitionsvertrags zusammen?

Vor diesem Hintergrund hat der VDI (Verein Deutscher Ingenieure e.V.) im Oktober 2021 die Handlungsempfehlung H2-Readiness von stationären Verbrennungsmotoren publiziert. Das innerhalb der VDI-GEU (Gesellschaft für Energie und Umwelt) erstellte Dokument stellt die wichtigsten Fakten des Einsatzes von Wasserstoff im Verbrennungsmotor zusammen und der resümiert: „Die Vorteile liegen in der Energiedichte. Wasserstoff kann im Vergleich zu elektrischen Batterien bei gleichem Gewicht mehr Energie speichern. Dieser Vorteil kommt vor allem bei Fahrzeugen zum Tragen, denn sie können ohne deutlich schwerer zu werden eine höhere Reichweite erzielen. Wasserstoffautos stoßen zudem kein CO2 aus. Hierbei sollte der Strom aus erneuerbaren Energiequellen stammen. Und schließlich bietet sich Wasserstoff wegen der guten Speichereigenschaften als Partner für Solar- und Windenergie an.

Aufgrund dieser und anderer Eigenschaften fordert der VDI von der Politik unter anderem, den Verbrennungsmotor als emissionsfreie Technologie anzuerkennen, wenn er mit CO2-neutralem Kraftstoff (wie etwa Wasserstoff) betrieben wird.

Die Vorbereitungen für den Wasserstoffeinsatz in Verbrennungsmotoren sind teilweise schon abgeschlossen. So stellte das WTZ Roßlau schon Anfang 2019 einen vollständig auf Wasserstoff optimierten Motor vor, der mit komplett sauberem Abgas (stöchiometrische Verbrennung von reinem Wasserstoff mit reinem Sauerstoff ohne Luftstickstoff) und einem Wirkungsgrad von 50 % punkten konnte (ASUE berichtete). Auf der KWK-Impulstagung Bingen 2021 stellte Prof. Jochen Arthkamp von der technischen Hochschule Gerog Agricola in Bochum zudem vor, wie mit der bei Wasserstoff nötigen Modifikation des Brennraumes und neuen keramischen Werkstoffen weitere Steigerungen beim Wirkungsgrad erreicht werden können (ASUE berichtete). Davon unabhängig haben einige Hersteller schon Motoren, die mit 100 % Wasserstoff laufen können, im Lieferprogramm.

Wasserstoff muss auch in Verbrennungsmotoren einsetzbar sein

Es ist deutlich, dass die Motorentechnik auch zukünftig einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel leisten kann. Weil die Technik derart weit fortgeschritten ist, sind die Anpassungskosten sehr gering. Auch die spezifischen Anlagenkosten sind wegen des hohen Grads der Automatisierung in Fertigung und Service überschaubar. Diese Vorteile muss der Verbrennungsmotor ausspielen dürfen!

 

Ansprechpartner:

Thomas Wencker
Telefon: 0 30 / 22 19 13 49-0
E-Mail: thomas.wencker@asue.de


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Diese Broschüre führt die wichtigsten industriellen Nutzungs- und Erzeugungspfade von grauem, blauem, türkisem und grünem Wasserstoff auf. Sie zeigt auf, in welchen Branchen Wasserstoffbedarfe zu verorten sind und gibt einen Ausblick, wie die zukünftige Vernetzung aussehen kann.