Windstrom zu Biomethan: Leise rieselt der Gärrest
Biogas enthält hauptsächlich Methan (CH4) und CO2. Dieses grüne Gasgemisch kann zusammen mit Wasserstoff auf natürlichem Weg zu annährend reinem Methan aufbereitet werden – das CO2 wird ebenfalls zu CH4! Die dafür nötige Biotechnologie, die unter Förderung der FNR in einem Projekt namens WeMetBio durch die BTU Cottbus-Senftenberg und die Hochschule Flensburg entwickelt wurde, soll an einer landwirtschaftlichen Biogasanlage (BGA) in Nordhackstedt in der Nähe von Flensburg erstmalig in einem Maßstab von 60 m³ installiert werden.
Der integrierte Zusammenbau von Biogas, Windenergie und Biotechnologie bietet erweiterte Möglichkeiten zur Bereitstellung grüner, speicherfähiger Energie. Die Forschenden aus Cottbus und Flensburg nahmen die Nutzbarmachung bisher abgeschalteter, nicht einspeisefähiger Stromüberschüsse, die Vermeidung von CO2-Emissionen durch dessen Verwertung und die Vermeidung des Abbaus von ausgeförderten Windkraftanlagen (WKA) zum Anlass, den Aufbau einer komplexen Prozesskette in Rahmen einer Machbarkeitsstudie zu untersuchen und mit Technikumsversuchen zu untermauern.
Integriertes Technologiekonzept zur Herstellung speicherbaren Grüngases
In dem vorgeschlagenen Anlagenkonstrukt werden BGAs und WKAs über zwei Schnittstellen gewinnbringend miteinander kombiniert. Die erste Schnittstelle stellt dabei ein Wasserelektrolyseur dar, der auf Basis von grünem Windstrom Wasserstoff und Sauerstoff erzeugt. Die zweite Schnittstelle stellt ein neuartiger Bioreaktor dar, in den der Wasserstoff und unbehandeltes Biogas eingeleitet werden. In diesem Reaktor wachsen urzeitliche Archaebakterien, die aus Wasserstoff und dem im Biogas enthaltenem CO2 weiteres CH4 herstellen. Das Biogas wird dadurch in einem quasi drucklosen Gefäß und bei moderaten Temperaturen auf sehr einfache Art und Weise auf eine dem Erdgas ähnliche Qualität mit ca. 95 % CH4 aufbereitet, während das CO2 aus dem Biogas nicht in die Umgebung abgegeben wird. Die nötige Nährstoffversorgung der archaischen Einzeller erfolgt über den Gärrest aus der BGA – die Flüssigkeit rieselt von oben durch den Bioreaktor und erreicht die Archaeen gemeinsam mit den Nährgasen.
Im Projektabschlussbericht heben die Projektpartner hervor, dass ein wirtschaftlicher Betrieb des vorgestellten Aufbaus zuerst im Kraftstoffsektor gegeben sein wird. Langfristig sei auch eine Nutzung im Stromsektor zu erwarten. Die Treibhausgas-(THG)-Bilanzierung ergab, dass mit dem aktuellen Strommix nur die direkte Kopplung mit PV-Anlagen oder WKA zu einer hohen THG-Minderung, die wiederum die wirtschaftliche Vermarktung im Kraftstoffsektor ermöglicht, führt. Die Gasgestehungskosten würden für die Szenarien der Teilstrom-Methanisierung auf Basis heutiger Investitionskosten (Elektrolyse: 2.504 €/kWel, Rieselbettreaktor: 920 €/kWth,Hs) zwischen 12,7 ct/kWhHs (8.000 Volllaststunden (VLS)) und 21,3 ct/kWhHs (2.350 VLS bei Kopplung mit den WKA am Standort Nordhackstedt) liegen.
In einem optimierten Szenario der Teilstrom-Methanisierung führen folgende Parameter und leicht angepasste regulatorische Rahmenbedingungen zu Gasgestehungskosten von ca. 12,6 kWth,Hs:
- Steigerung auf 5.000 VLS durch stündlich nachweisbaren Grünstrombezug aus dem öffentlichen Netz
- Vollständige Befreiung der Strombezugskosten von Netzentgelten, Umlagen und Steuern
- CAPEX-Förderung zur Erreichung spezifischer Investitionskosten von 1.200 €/kWel für die Elektrolyse und 700 €/kWth,Hs für den Rieselbettreaktor
Die Projektergebnisse sollen nun an der analysierten BGA in Nordhackstedt im Rahmen einer Pilotanlage im technischen Maßstab umgesetzt werden.
Der vollständige Projektbericht kann bei der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe heruntergeladen werden.
Thomas Wencker
Telefon: 0 30 / 22 19 13 49-0
E-Mail: thomas.wencker@asue.de
Weitere Informationen
Das Projektteam der HS Flensburg und der BTU Cottbus auf der Biogasanlage in Nordhackstedt. Klicken Sie für eine Vergrößerung auf das Bild. (c) HS Flensburg
Zu den Webseiten der am Projekt beteiligten BTU Cottbus-Senftenberg und Hochschule Flensburg.
Zum vollständigen Projektabschlussbereicht bei der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe.